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Der_kleine_Flohmarkt

Es war einmal ein Elternpaar, das wohnte im Norden des größten Marktfleckens des Landes, in Berlin in der Nähe vom Schloss Schönhausen und dessen Park. Die Kinder des Paares spielten oft und gern in dem von großen Bäumen an Alleen durchzogenen Schlosspark. Eines schönen Tages saßen sie wieder einmal auf ihrer Picknickdecke auf der großen Wiese, der Vater zupfte die Laute, die Mutter studierte das Amtsblatt, da kam ihr eine Idee: Warum gründen wir nicht einen Verein? Sie wollten so gern mit anderen Eltern in Kontakt kommen, um sich mit ihnen über die Hoffnungen und Wünsche ihrer Kinder auszutauschen oder gemeinsame Initiativen zu starten zum Wohle der Kinder. Kurz darauf gründeten sie den Verein „Kinder am Schlosspark e.V.“

Als eines ihrer ersten Projekte wünschten sie sich so sehr einen kleinen Flohmarkt; sie trugen diesen Wunsch unter dem Herzen und Marketender-Blut in ihren Adern. Kurz darauf sollten ihre Wünsche erhört und ihnen ein kleiner Flohmarkt ganz nach ihrem Geschmack beschert werden. Das Paar erging sich zu jener Zeit mit ihrem Nachwuchs häufig in der Mendel-Grundschule zu Pankow, folglich wuchs auch der kleine Flohmarkt dort auf. Der Flohmarkt wollte von Kindesbeinen an am Liebsten immer nur möglichst viele Leute mit bunten Angeboten erfreuen und Freude und Lachen unter die Menschen bringen. Er war von Anbeginn an bei Jung und Alt in seinem Viertel äußerst beliebt. Manchmal trieb es der kleine Flohmarkt sogar so bunt, dass man ihn schwerlich im Hause halten konnte.

So ließen die Eltern und ErzieherInnen ihn denn gewähren. Er konnte sich fortan auf dem weitläufigen Hof nach Herzenslust austoben. Dadurch war er in der Lage all seine Facetten ungehindert zum Vorschein bringen, sich in der vorteilhaftesten Weise zu präsentieren. Die Eltern hatten beobachtet, dass der kleine Flohmarkt sich unter besonders vielen Leuten ganz besonders wohlfühlte. Dabei blühte er so richtig auf und wirkte unbeschwert. Deshalb hängten sie nun jedes Mal, wenn der kleine Flohmarkt wieder drängte, sich unter die Leute zu mischen, viele kleine Zettel und Nachrichten an die Laternen und Zäune in der Umgebung. Hier informierten sie darüber, dass und wann es alsbald wieder etwas lauter und bunter zuginge auf dem Schulhof der Mendel-Grundschule. Die Pankower Bürger frohlockten aber jedes Mal und rissen den Eltern die Ankündigungszettel aus den Händen. Der Stadtteil war von einer fröhlich-erwartungsvollen Stimmung erfasst, die Nachricht verbreitete sich in Windeseile von Feuerstelle zu Feuerstelle: Es ist mal wieder soweit – es ist Flohmarktzeit!

 

Sobald die Nachbarschaft Kunde vom geplanten bunten Treiben in der Mendel-Grundschule bekam, wollten deren Kinder ebenfalls einen Flohmarkt haben. In der Folge schossen überall weitere Flohmärkte wie Pilze aus dem Boden. Jeder der etwas auf sich hielt, wollte einen eigenen Flohmarkt und am allerliebsten auch am gleichen Tag haben, wie jener Flohmarkt an der Mendel-Grundschule.

Mancherorts wurden gar Zweite-Hand-Läden eröffnet, die dem kleinen Markt nacheiferten. Vereinzelt wurden sogar sogenannte Internetportale geschaffen, die die Idee des ehemals kleinen (Mendel)-Flohmarktes auf die digitale Ebene hoben.

 

Unterdessen wuchs und gedieh der kleine Flohmarkt weiter prächtig. Er war inzwischen schon ein Teenager-Flohmarkt und bei Kindern, Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen ein jederzeit gern gesehener Gast. Manchmal konnte man meinen, er wohnte im Hort, so herzlich wurde er von den dortigen ErzieherInnen der Mendel-Grundschule aufgenommen. Er durfte sich dort nach Lust und Laune frei bewegen und wenn er Hunger oder Durst hatte, wurde eigens für den herangewachsenen kleinen Flohmarkt ein Café gleichen Namens geschaffen.

Wie alles, was der Flohmarkt veranstaltete, diente auch dieses Café immer auch einem höheren Zweck, als nur dem vordergründigen Stillen von Hunger und Durst und das Markttreiben auch mehr als nur dem nachhaltigen Umverteilen nicht mehr benötigter Dinge.

Der Flohmarkt wollte stets Kinder zum Lachen, deren Augen zum Strahlen bringen, ihre Herzen höherschlagen lassen. Seine Eltern und der begründete Verein überlegten sich unermüdlich die unterschiedlichsten Dinge und Initiativen, wie das Leben der Schulgemeinschaft erleichtert und woran sich die Kinder erfreuen könnten, wie z.B. ein eigenes Trampolin auf dem Schulhof der Mendel-Grundschule.

Der Flohmarkt hatte seine Flegel-Jahre leidlich überstanden und war inzwischen schon ein stattlicher junger Markt, da begab es sich, dass die Kinder des Landes auf einmal nicht mehr regelmäßig zur Schule gehen konnten und stattdessen zu Hause bleiben mussten, um dort zu lernen.

Dadurch musste auch der Flohmarkt plötzlich und unerwartet von einem auf den anderen Tag auf Distanz gehen, hatte somit fürderhin keinerlei Möglichkeit mehr, sich ungezwungen zu zeigen. Genau genommen wurde es ihm sogar von Amts wegen verwehrt seine bereits geplante 24. Ausgabe durchzuführen.

MERKE: Die 24. Frequenz dieses Ereignisses hat de facto niemals stattgefunden!

Der Flohmarkt verkroch sich notgedrungen für viele, viele Monate und ward nirgends mehr gesehen. Die Welt, nicht nur in Pankow, schien plötzlich grauer und trister geworden zu sein. Das Gerücht der Flohmarkt sei weggezogen oder gar verstorben machte die Runde.

Doch dann, überraschend im Herbst 2021 war er dann auf einmal einfach wieder da, wirkte jedoch hier und da noch ein wenig verunsichert. Er wollte nun gar nicht mehr ins Schulhaus, sondern ausschließlich auf dem Hof sein und wirkte auch sonst etwas verwirrt. Er hatte seine sämtlichen Gäste gebeten sich zu maskieren, obwohl doch gar kein Fasching vor der Tür stand und er ihnen auch nur im Freien erschien. Er hatte ganz offenbar nicht damit gerechnet, wie sehr seine Pankower ihn vermisst haben, denn er hatte nicht für alle darbenden Gäste genügend Speisen und Getränke parat. Trotzdem wurde es auch im Herbst anno 2021 wieder ein gar lustiges Treiben und ein bunter Trubel auf dem Schulhof der Mendel-Grundschule.

Der Mittzwanziger-Flohmarkt mutierte zum Flohmarkt Nimmersatt und wollte immer mehr. Er wollte alles noch viel besser und größer machen. Er wollte noch weiter wachsen und immer noch größer werden.

Dieses Mal hatte er sämtliche Bekannten und Freunde schon ganz früh kontaktiert und sie zu seinem 26. Geburtstag eingeladen. Er wollte richtig ausgelassen und unbeschwert feiern und wieder wie früher ungehemmt Freude und Lachen verbreiten können. Er bereitete sich akribisch auf das große Fest vor, auf dass auch jeder der wollte genügend Speis und Trank bekäme und genügend Personal für den Ausschank zur Verfügung stünde. Er wünschte sich, dass es für alle Pankower ein unvergesslicher Tag würde.

Dann jedoch brach in einem gar nicht fernen Land ein Krieg aus, der unsägliches Leid über deren Bewohner brachte. Der Flohmarkt wollte gerne helfen und überlegte daher, wie er den vom Krieg betroffenen Kindern, seine Hilfe und Unterstützung am besten angedeihen lassen könnte. Seine Erziehungsberechtigten – der Förderverein der Mendel-Grundschule – schlugen vor, sämtliche Erlöse aus den Feierlichkeiten anlässlich des 26. Flohmarkt-Geburtstages einer Hilfsorganisation, die sich um ebendiese Kinder kümmert, zur Verfügung zu stellen.

Gesagt, getan – der Flohmarkt feierte am 30.4.2022 ein rauschendes Geburtstagsfest auf dem Schulhof der Mendel-Grundschule mit all der vertrauten Buntheit und mit dem kompletten Trubel, ganz so wie in den Jahren zuvor. Das Festkomitee hatte bestens vorgesorgt und offenbar allen Freunden und Bekannten von diesem Vorhaben erzählt und natürlich auch wieder fleißig viele Zettel für die neugierigen Pankower verteilt.

Dank der vereinten Bemühungen aller Beteiligten gelang es tatsächlich, die unbeschwerte Ausgelassenheit seiner Teenager-Jahre wiederzubeleben. Das beliebte Flohmarkt-Café verwandelte die Schulmensa in ein Schlaraffenland der Köstlichkeiten mit unverhohlener Unterstützung des Tischlein-deck-dich-Teams.

Sämtliche Gäste waren derart spendabel und generös mit ihren Zuwendungen, dass es an diesem besonderen Tag folgerichtig auch in einem besonderen Ergebnis kulminierte:
In allen Kategorien konnten Rekordeinnahmen erzielt werden – die Gesamterlöse des kleinen Flohmarktes somit insgesamt fast verdoppelt werden.

Das ausgelassene Treiben wollte gar kein Ende finden. Eltern, Freunde und Besucher lagen sich verzückt in den Armen und handelten und tauschten bis in die frühen Mittagsstunden. Die Kunde „Im Herbst bin ich wieder hier“ zog als ehernes Bekenntnis von Stand zu Stand.

So wurde der kleine Flohmarkt über die Jahre zu einem festen Bestandteil im Schulleben der Mendel-Grundschule und im Veranstaltungskalender des Marktfleckens im Berliner Norden. Noch heute erzählt man sich stolz die Geschichte vom kleinen Flohmarkt und prahlt gern mit gemeinsamen Erlebnissen. Und wenn er nicht vergessen wird, so erfreut der Mendel-Flohmarkt noch viele Jahre die Bewohner von Pankow und die nutznießenden Kinder in der Obhut des Fördervereins „Kinder am Schlosspark e.V.“ und sie alle leben glücklich bis an ihr Lebensende.

Text, Idee und Umsetzung:

Franziska M.
Steffen R.

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